Lesung Ma Yuan - Julia Veihelmann
Ma Yuan: Drei Arten, Papierdrachen zu falten 马原:叠纸鹞的三种方法
Lesung und Gespräch mit der Übersetzerin Julia Veihelmann
Zeit: Dienstag, 29.08.2023 um 19:30 Uhr
Ort: Spielkartenfabrik im SPEICHER_Haus für: Druckkunst
„Ich will euch erzählen, was im Lauf von drei Tagen geschehen ist. Gestern, heute, morgen. Die Reihenfolge möchte ich umkehren, das heißt, ich fange bei morgen an.“
Ma Yuan, Jahrgang 1953, zählt zu den prägendsten Autoren der chinesischen Postmoderne. Seine Erzählungen sind in den achtziger Jahren entstanden, als die Kulturrevolution vorbei und die Experimentierfreude groß war. Sie sind in der Peripherie der Volksrepublik angesiedelt: in Tibet, im Transhimalaya-Gebirge oder im unwirtlichen Norden Chinas. Eine Figur namens „Ma Yuan“ geht zur Recherche in ein Lepradorf – oder hat sich die Reise doch nur ausgedacht. Eine Expedition macht sich auf ins tibetische Hochland, um einen vermeintlich gesichteten Schneemenschen und einen sauriergroßen Schafsschädel zu finden. In einem maoistischen Landverschickungslager setzt ein Streit um eine verschwundene Armeemütze eine Kettenreaktion in Gang. Die Texte, viele von ihnen autofiktional, sind gesättigt mit Fiktionsbrüchen und Verfremdungseffekten, durchzogen von einem postmodernen Verwirrspiel um Wahrheit und Lüge. Ihr eigentliches Thema wird oft das Erzählen selbst, das bei Ma Yuan ein diskontinuierliches und gebrochenes ist, ein ‚beschädigtes‘, dem es auf verschlungenen Pfaden gelingt, Verbindungen jenseits der Kausalität herzustellen: etwa solche der Traumlogik oder der Assoziation. Wieder und wieder führt uns Ma Yuan dabei vor Augen, dass jede Narration auch Lüge und Täuschung ist.
Der Band „Drei Arten, Papierdrachen zu falten“ versammelt acht Erzählungen, ausgewählt und übersetzt von der Prosaautorin und Sinologin Julia Veihelmann. Es handelt sich um eine Erstübersetzung ins Deutsche, die Einblick in das Werk eines wichtigen Autors sowie in eine hierzulande nahezu unbekannte literarische Strömung gibt. Aus der chinesischen Postmoderne sind jedoch mehrere Schriftsteller hervorgegangen, deren Werke weite Verbreitung gefunden haben, etwa Yu Hua oder der Nobelpreisträger Mo Yan.
Im Anschluss an die Lesung gibt es die Gelegenheit, mit der Übersetzerin über die geschichtlichen Hintergründe, die moderne chinesische Literatur und die Arbeit des literarischen Übersetzens zu sprechen.
Link zum Verlag: Arco Verlag
Ma Yuan beim Literaturfestival in Berlin.
Essay über Ma Yuan in englischer Sprache: Ma Yuan’s Tibetan Stories: Apostrophizing the Catastrophe – Steven J. Venturino
Die Übersetzerin: Julia Veihelmann | Poetenladen | Zur Person / Julia Veihelmann 伍珠丽 – Textarbeit